Coopweb – Barcamp auf der FrOSCon

Eindrücke vom Barcamp »Gemeinsame Infrastruktur« auf der FrOSCon 2018
Das Fediverse blüht

Zusammenfassung

  • Bundesjugendring betreibt barcamptools.eu
  • krefeld.life – eine Mastodon-Instanz für die Samt- und Seidenstadt
  • Technische Emanzipation. Wie geht das?
  • Welche Strukturen brauchen und wollen wir?
  • Auch Hostsharing hat klein angefangen
  • Internationale Vernetzung: Wunsch und Wirklichkeit
  • Nubo.coop Genossenschaft für ethische Online-Dienste
  • Cloud für mündige Bürger
  • Rechtsformen, ihre Vor- und Nachteile
  • Was machen wir nächstes Jahr?

Gestern habe ich im Rahmen der FrOSCon im Projektraum der Hostsharing eG das Barcamp »Gemeinschaftliche Infrastruktur moderiert. Wir fragten uns: »Wie kann man Social-Media- und Code-Hosting-Plattformen in einem Verein oder in einer Genossenschaft nachhaltig betreiben?«

Dies ist kein offizieller Bericht im Namen der Teilnehmer, sondern mein eigenes sehr subjektives Fazit. Dieser Link führt zum Programm und den Pads, in denen wir die einzelnen Sessions protokolliert haben.

Ich würde mich freuen, wenn die anderen Teilnehmer ihre Eindrücke ebenfalls zusammenfassen würden, sodass ich sie hier verlinken kann.

Ein Sonntag auf der FrOSCon

Erwartungsgemäß war das Interesse an dem Barcamp bei den FrOSCon-Teilnehmern nicht sehr groß. Nur rund ein Dutzend Besucher der FrOSCon nahm während des Tages an den Sessions teil. Zwei Teilnehmer sind jedoch eigens für diese Veranstaltung aus Belgien angereist – doch dazu später mehr. So waren wir also ein kleiner Kreis, dem bloß noch die Frontalunterrichts-Sitzordnung in dem Raum der Hochschule Probleme bereitete.

In der ersten Session stellten wir das Programm zusammen. Dies gelang in der kleinen Gruppe so schnell, dass wir noch in der ersten Session spontan ein zusätzliches Thema diskutieren konnten.

Der Camper: barcamptools.eu

Reimar Bauer, einer der Organisatoren des Python-Camps in Köln stellte den Camper vor: eine Software zur Planung von Barcamps. Der Bundesjugendring betreibt für die Öffentlichkeit eine Instanz. Damit trat gleich zu Beginn der Veranstaltung ein Infrastruktur-Betreiber ins Rampenlicht, den wir nach Jahrzehnten der Privatisierungen und aufgrund seiner legendären Softwarepannen kaum noch auf dem Schirm haben: der Staat.

Die Kölner Python-Gruppe organisiert ihr Python-Camp auf https://barcamptools.eu/
Die Kölner Python-Gruppe organisiert ihr Python-Camp auf https://barcamptools.eu/

Als Problem diskutierten wir die Tatsache, dass staatliche Organisationen solche Dienste oft bloß in Form eines Projekts zeitlich befristet anbieten, sodass man nicht weiß, ob es die nächste Legislaturperiode überstehen wird. Dieses Thema muss an der Schnittstelle zur Politik sicher noch intensiv diskutiert werden.

Leider neigt die Open-Source-Community dazu, Fragen eines nachhaltigen Betriebs nicht besonders ernst zu nehmen, wenn ein Tool, wie der Camper unter einer Open-Source-Lizenz steht und von einem bekannten Open-Source-Programmierer entwickelt wird, »weil man es dann ja forken und woanders hosten kann, wenn der Bundesjugendring es nicht mehr macht«.

krefeld.life und die kritische Masse

In der nächsten Session stellte Peter Hormanns die Mastodon-Instanz krefeld.life vor, die gerade erst gestartet ist und sich noch in einer Testphase befindet. Die Gruppe hinter der Instanz möchte damit den Bürgern von Krefeld den Abschied von Facebook und Twitter versüßen. Die Instanz, die zurzeit noch privat betrieben wird, soll in Zukunft in eine kollektive Trägerschaft (z.B. Verein) wechseln.

krefeld.life ist noch in der Testphase.
krefeld.life ist noch in der Testphase.

Diskutiert wurde vor allem die Frage, wie man ein neues soziales Netzwerk in einer Kommune bekannt macht und die ominöse »kritische Masse« erreicht. Dabei stellten wir fest, dass es mindestens zwei kommunikative Ansätze gibt:

  1. krefeld.life ist das soziale Netz für Krefelder, wo sie in der lokalen Zeitleiste viele Dinge über ihre eigene Stadt erfahren
  2. krefeld.life bringt Krefelder Bürger sowie Krefelder Vereine, Museen und Firmen ins Fediverse.

Beim ersten Ansatz geht es um das Interesse von Menschen, über die Events in ihrer Stadt auf dem Laufenden zu bleiben und sich innerhalb einer Stadt zu vernetzen.

Der zweite Ansatz betont, dass eine ActivityPub-basierte Instanz ein Sprungbrett in das weltweite Fediverse ist, wo man sich als Museum, Verein oder Unternehmen der ganzen Welt vorstellen kann.

Welchen Ansatz man bei der Kommunikation anwendet, muss man fallweise entscheiden.

Technische Emanzipation: Wie erreichen wir Nicht-IT’ler

In dieser Session diskutierten wir ein viel zu breites Themenfeld, das auch immer wieder in den anderen Sessions auf den Tisch kam.

Zunächst ging es um den Gegensatz von Nerds und Nicht-Nerds. Während Nicht-Nerds eine einfache, wenig konfigurierbare Benutzeroberfläche bevorzugen, haben Nerds gerne die volle Kontrolle mit Hilfe einer ausgefeilten Konfigurationsschnittstelle. Die Entwicklung des Gnome-Desktops wurde hier als Beispiel für diesen Konflikt genannt.

Beides – Technik und Bedienungsfreundlichkeit – zusammenzubringen ist aufwändig. Wir stellten fest, dass die gesamte Open-Source-Community niemals die Ressourcen haben wird, um den großen IT-Konzernen in diesem Feld die Stirn bieten zu können. Die Unternehmen können jede Open-Source-Initiative hinsichtlich der User-Experience ausprogrammieren und kaltstellen. Sie können sogar, wie der Fall Google beweist, problemlos mehrere Social-Network-Projekte in den Sand setzen, ohne an Reputation zu verlieren. Eine Degoogelisation ist deshalb schwer. So sei es fast unmöglich, auf Google als Suchmaschine zu verzichten, weil die Qualität der Suchergebnisse von anderen Anbietern einfach sehr viel schlechter sei.

Allerdings ist das technische Benutzererlebnis nicht immer der entscheidende Faktor bei der Wahl eines Tools. Schulkinder nutzen WhatsApps einfach nur deshalb, weil »alle« in ihrer Klasse WhatsApp nutzen. Am Anfang der IT-Sozialisation steht also das Bedürfnis nach menschlichen Kontakten im Rahmen sozial akzeptierter Formen. Wer freie Werkzeuge in einem freien Netz durchsetzen will, muss also in gewisser Hinsicht die gesamte Kultur ändern.

Wir konnten festhalten, dass sich aus diesem Grund unsere unmittelbare Zielgruppe nicht in Nerds und Nicht-Nerds aufteilt, sondern in Menschen, die bewusst kulturelle Veränderungen herbeiführen wollen und solche, die das nicht wollen. Agnez aus Belgien erwähnte in diesem Zusammenhang den französischen Verein Framasoft, der seit einigen Jahren versucht, das Benutzererlebnis von freier Software zu verbessern, indem sie die entsprechenden Tools hosten und damit überhaupt erst einmal problemlos erreichbar machen. Außerdem erstellt Framasoft eine leicht verständliche Dokumentation der Werkzeuge und der dahinter stehenden Konzepte.

Von Frankreich lernen, heißt siegen lernen. Framasoft wurde immer wieder als positives Beispiel erwähnt.
Von Frankreich lernen, heißt siegen lernen. Framasoft wurde immer wieder als positives Beispiel erwähnt.

Angeschnitten wurde in dieser Session die Frage, welches Menschenbild hinter den Social-Media-Angeboten steckt. Ist Social-Media nicht eine Folge der neoliberalistischen US-Ideologie, dass jeder Mensch ein Performer ist und es nur darauf ankommt, sich in der Öffentlichkeit erfolgreich darzustellen und viele Follower zu haben?

Ein Fazit der Session war: Wenn freie, dezentrale Lösungen Erfolg haben wollen, müssen sie aus ihrer Dezentralität auch eine Stärke machen, indem sie eben nicht zentral entscheiden, wie die Dinge gemacht werden, sondern dezentral und lokal für jede einzelne Instanz oder Community. Dies betrifft sowohl den Funktionsumfang der jeweils eingesetzten Software als auch die Art, wie Instanzen sich finanzieren und organisieren.

Kleinteiligkeit/Komplexität/Regionalität/Kompetenz

In der nächsten Session wurde diese Diskussion im Grunde weitergeführt. Es ging hier um Fragen der Resilienz von kleinteiligen Strukturen und um die Gefahr zunehmender Komplexität. Kann bei starker Regionalität gewährleistet werden, dass überall ausreichend Kompetenz vorhanden ist, wenn alles immer komplexer wird – und Dezentralität zusätzliche Komplexität erzeugt?

Während der Diskussion streiften wir auch die Frage, wie Entscheidungen in dezentralen Systemen sinnvoll gefällt werden können. Christian Theune, der das Thema einbrachte, schilderte wie eine lokale Bürgerversammlung von der örtlichen AfD gekapert wurde, um Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen. Wir diskutierten in diesem Zusammenhang die Möglichkeiten im Fediverse, in analogen Fällen moderierend oder sanktionierend einzugreifen. Allerdings sind die Mittel gegen Störer in der digitalen Welt ebenso begrenzt wie in der realen. Da die Frage sinnvoller Entscheidungsfindung den Rahmen des Barcamps zu sprengen drohte, haben wir das Thema im Raum stehen gelassen – wo es heute noch steht.

Um die Diskussion wieder konkreter werden zu lassen, wurde die Bedeutung des ActivityPub-Protokolls hervorgehoben, das einerseits einen Wettbewerb von Anwendungen ermöglicht, andererseits aber die Interoperabilität sicherstellen soll. Dies eröffnet die Möglichkeit, ein besseres Mastodon programmieren zu können, ohne dadurch die Benutzerbasis zu spalten. Es macht auch völlig andere Anwendungen möglich, die über das Protokoll miteinander im Austausch stehen. Ob man Bilder via Pixelfed teilen möchte oder mit Hilfe von Plume im Fediverse einen föderierten Blog betreiben möchte – man verlässt nicht mehr die gemeinsame Protokoll-Basis. Wie bei HTTP interessieren uns als Nutzer weder die Webanwendungen noch die Webserver, auf denen Websites aufgebaut sind, denn wir können jede Website über das Protokoll erreichen. Dies erhoffen wir uns im Social-Media-Bereich vom ActivityPub-Protokoll.

Die Hostsharing Story

Uwe Müller, Gründungsmitglied von Hostsharing schilderte in der nächsten Session wie die Hostsharing-Idee geboren wurde und laufen lernte. Dieser Vortrag stieß auf besonderes Interesse bei unseren Gästen aus Belgien, die ebenfalls eine Genossenschaft für ethische Online-Dienste gründen wollen.

2000 gegründet: die Hostsharing eG
2000 gegründet: die Hostsharing eG

Internationale Vernetzung

Agnez aus Belgien präsentierte in dieser Session die französische Website Chatons. Auf der Plattform werden Webhoster und Online-Dienstleister aufgelistet, die bestimmte ethische Bedingungen erfüllen.

Wer einen ethischen Dienstleister in frankophonen Ländern sucht, wird hier fündig.
Wer einen ethischen Dienstleister in frankophonen Ländern sucht, wird hier fündig.

Die Ziele der Plattform sind ein gemeinsames Marketing, eine gemeinsame Dokumentation und eine gemeinsame Qualitätskontrolle. Ein Qualitätsbaustein von Chatons besteht beispielsweise darin, dass Dienste technisch so angeboten werden müssen, dass Kunden, wenn ein Dienst schließt, problemlos zu einem anderen Dienstleister wechseln können.

Ein Landkarte erleichtert die Suche nach einem Dienstleister in der Nähe
Ein Landkarte erleichtert die Suche nach einem Dienstleister in der Nähe

Es gibt Bestrebungen, einen international orientierten Dienst nach diesem Muster aufzubauen. Möglicherweise kommt es noch in diesem Jahr zu einem Treffen in Amsterdam, wo das weitere Vorgehen besprochen werden soll. Diskussionen dazu laufen auf Riot.

Die Fragmentierung der europäischen IT-Szene entlang von Sprachgrenzen wurde in diesem Zusammenhang deutlich. Vernetzung macht oft an Sprachgrenzen halt.

Außerdem zeigte sich ein weiteres Problem bei der internationalen Kooperation. Während es auf der einen Seite wünschenswert wäre, durch eine »Server-WG« Kosten im Rechenzentrum zu sparen, wollen die einzelnen Akteure dennoch »Server im eigenen Land« anbieten. Hier wird u.a. mit dem Datenschutz argumentiert, der immer noch als nationale Aufgabe definiert wird, was angesichts der europäischen Gültigkeit der DSGVO eigentlich der Vergangenheit angehören sollte.

Michael Hierweck verwies in diesem Zusammenhang auf die ISP eG, eine Genossenschaftsgründung, die für ihre Mitglieder die Rechenzentrumskosten durch den Aufbau gemeinsamer Ressourcen senken will.

Es wurde angeregt, dass die in Belgien geplante Genossenschaft (siehe nächster Abschnitt) und Hostsharing ihre verschlüsselten Backups auf den Systemen der jeweils anderen Genossenschaft erstellen sollten, um RZ-Kosten zu sparen.

Nubo.coop

In dieser Session stellten Agnez und Martin das Genossenschaftsprojekt Nubo aus Belgien vor. Die Genossenschaft will ethische Online-Dienste anbieten. Die Initiatoren des Projekts kommen zum Beispiel von cassiopea.org einem Verein, der 15 Jahre lang ehrenamtlich Webhosting-Dienstleistungen angeboten hat, von https://www.domainepublic.net/, einem Webhoster, der sich auf Dienstleistungen für Vereine spezialisiert hat, sowie von der Techniker-Genossenschaft Nestor.coop.

Nubo, eine Genossenschaft in Belgien für ethische Online-Dienste.
Nubo, eine Genossenschaft in Belgien für ethische Online-Dienste.

Die Genossenschaft möchte einerseits im Hosting ethische Grundsätzen verwirklichen:

  • FLOSS
  • keine Werbung
  • Privacy by Design
  • Dezentralität

Andererseits wollen sie die Benutzerfreundlichkeit von freien, dezentralen Lösungen verbessern, indem sie keine Geek-Sprache verwenden, das Design vereinfachen und eine verständliche Dokumentation erstellen wollen.

Die Genossenschaft will ein Nicht-Mitglieder-Geschäft betreiben. Mitglieder sollen Leistungen kostengünstiger als Nicht-Mitglieder beziehen können.

Die Genossenschaft will sich nicht auf ehrenamtliche, sondern bezahlte Arbeit stützen, eine solide und konstante Mitgliedschaft aufbauen und zum einzelnen Nutzer eine persönliche Beziehung aufbauen. Letzteres wird begünstigt, da in Belgien kein Kunde mehr als eine Stunde von der Geschäftsstelle der Genossenschaft entfernt wohnen wird.

Während die geringen Entfernungen in Beligen vieles erleichtern, erschwert das Sprachproblem die Arbeit der Genossenschaft. Es müssen drei Sprachen (Französisch, Niederländisch und Deutsch) plus Englisch bedient werden.

Ein Businessplan ist erstellt, im Herbst soll die Genossenschaft eingetragen werden. Die Aufnahme des Geschäftsbetriebs ist für Anfang nächsten Jahres geplant.

Cloud-Ressourcen für bürgerliches Engagement

In der nächsten Session beleuchteten wir die Themen, die uns ohnehin den ganzen Tag beschäftigt haben, nochmals von einer anderen Seite. Ein Teilnehmer stellte den LUKi e.V. vor, der sich darum bemüht, »dass Linux als Betriebssystem und Freie Software als Arbeitsumgebung in den Kirchen mehr Beachtung geschenkt wird.« Zurzeit dokumentiert der Verein die Möglichkeiten in diesem Bereich, um später auch technische Dienstleistungen in Form einer »Kirchen-Cloud« anzubieten.

LUKi will Linux in die Kirchen bringen.
LUKi will Linux in die Kirchen bringen.

Initiativen, die in anderen Zusammenhängen eine ähnliche Richtung verfolgen, sind:

Stärken und Schwächen von Rechtsformen

Die letzte Session widmete sich den Stärken und Schwächen einzelner Rechtsformen. Aufgrund des engen Zeitplans beschäftigten wir uns nur mit dem Verein und der Genossenschaft. Daneben gibt es andere Rechtsformen, wie zum Beispiel die Stiftung oder die gemeinnützige GmbH, die für einen Betreiber von gemeinschaftlicher Infrastruktur in Frage kommt.

Ein Verein:

  • ist schnell und preiswert gegründet.
  • darf Mitglieder in angemessener Weise für Tätigkeiten entlohnen.
  • sollte bei wirtschaftlicher Tätigkeit eine getrennte Buchführung für den Wirtschaftsbetrieb führen oder bei bedeutendem Wirtschaftsbetrieb eine GmbH ausgründen.
  • kann, muss aber nicht, gemeinnützig sein, was steuerliche Vorteile bringt.
  • schützt die Vorstände und Funktionäre weitgehend vor persönlicher Haftung (Ausnahme: Grobe Fahrlässigkeit).

Eine Genossenschaft:

  • hat eine aufwändige Gründungsphase, die vergleichbar einer GmbH-Gründung ist.
  • hat den gesetzlich vorgeschriebenen Zweck, die Mitglieder wirtschaftlich zu fördern. Dies kann durch das Angebot von Leistungen geschehen (wie bei Hostsharing) oder durch eine Dividende auf den Genossenschaftsanteil.
  • darf Leistungen anbieten, die von Genossenschaftsmitglieder weitervermarktet werden.
  • ist hinsichtlich der persönlichen Haftung des Vorstands einer GmbH vergleichbar.

Eine Genossenschaft empfiehlt sich,

  • wenn genossenschaftliche Leistungen weiterverkauft werden sollen, wie dies zum Beispiel bei Hosting-Resellern der Fall ist,
  • wenn große Investitionen getätigt werden müssen, da man über die Genossenschaftsanteile Kapital einsammeln kann.

Zusammenfassung

Ich habe den Eindruck mitgenommen, dass es viele Initiativen gibt, die Infrastruktur gemeinschaftlich betreiben wollen. Allerdings sind sie untereinander nicht gut vernetzt. Das ist besonders deshalb beklagenswert, da man bei einem geschickten Pooling von Ressourcen viel Geld sparen könnte. So betonte Michael Hierweck, Vorstandsmitglied von Hostsharing, dass die Genossenschaft bei steigenden Umsätzen die Preise für die Leistungen spürbar senken könnte, da es einen großen Anteil von Fixkosten gibt, die auch bei sprunghaft steigendem Umsatz nicht proportional steigen würden.

Als Mitglied von Hostsharing würde ich also von steigenden Umsätzen ganz persönlich profitieren. Daher sei mir hier einmal folgender Appell gestattet: Wenn ihr ethische Webdienstleistungen aufbauen wollt, dann betreibt eure Server doch bitte bei Hostsharing. Damit senkt ihr meine Hosting-Kosten! (Und natürlich auch eure.) Es mag verlockend sein, sich irgendwo einen billigen Server zu mieten, aber ihr gebt damit euer Geld bloß einem Anbieter, auf dessen Geschäftspolitik ihr keinerlei Einfluss habt. Solidarisches Handeln heißt manchmal eben auch ganz konkret: das Geld im genossenschaftlichen Einflussbereich zu halten. Denn nur so können wir eine kooperative Gegenmacht zu den IT-Konzernen aufbauen.

In der letzten Session haben wir auch das Barcamp selbst kritisiert. Das gewählte Thema ist ein weites Feld – das dürfte dieser Artikel gezeigt haben, wenn ihr bis hier unten durchgehalten habt. Einige hätten sich einen roteren Faden gewünscht. Leider konnten wir das »rotere Rot« nicht konkretisieren. Aber das große Interesse während des Barcamps an konkretem Tun, wie zum Beispiel der Genossenschaftsgründung in Belgien oder der Instanz krefeld.life, ist für mich ein Indiz, dass wir beim nächsten Mal vielleicht über ein oder zwei konkrete Projekte diskutieren sollten.

Dies war meine dreizehnte FrOSCon. Schon in der ersten habe ich einen Projektraum bespielt. Ich glaube mittlerweile, dass es ungünstig ist, im Projektraum ein Programm anzubieten, das eine längere Anwesenheit der Teilnehmer erfordert. Die Besucher der FrOSCon kommen in der Regel wegen des reichhaltigen Vortragsprogramms und weil es mittlerweile ein traditionelles »Familientreffen« geworden ist, wo man alte Bekannte wiedertrifft. Kaum jemand nimmt sich spontan Zeit, einen ganzen Tag in einem Projektraum zu verbringen. Für geschlossene Gesellschaften eignen sich Projekträume dagegen sehr gut. Ich habe einige Veranstaltungen mit organisiert, die sich nicht an die FrOSCon-Besucher gerichtet haben.

Leider hat man als Projekt nicht viel Zeit, um eine Veranstaltung vorzubereiten. Wenige Wochen müssen ausreichen. Bei gut organisierten Communities ist das kein Problem. Aber bei schwer greifbaren Gruppe ist das zu kurz. Und diejenigen, die ein kooperatives Web aufbauen wollen, ist das ganz sicher so. Mit den Vorbereitungen für ein Barcamp zum Thema »Gemeinschaftliche Infrastruktur« hätte man spätestens im März beginnen müssen. Dann hätte man Interessenten aus ganz Deutschland zur Anreise bewegen können. Die Organisatoren der FrOSCon vergeben die Projekträume jedoch nur wenige Wochen vorher. Ich weiß daher nicht, ob es sinnvoll ist, im kommenden Jahr wieder ein ganztägiges Barcamp für eine so heterogene Gruppe in einem Projektraum der FrOSCon zu organisieren.

Allerdings sind die technischen, organisatorischen und kulinarischen Rahmenbedingungen bei der FrOSCon ideal. Man muss so gut wie nichts vor Ort organisieren. (Großer Dank an die FrOSCon-Organisatoren!) Es wäre also schade, wenn man ein Coopweb-Barcamp außerhalb der FrOSCon organisieren würde, bloß weil man eine längere Vorlaufzeit braucht, um alle Interessenten anzusprechen und zur Anreise zu motivieren.

Ich könnte mir aber vorstellen, dass wir im nächsten Jahr in Bonn ein noch etwas größeres CoopWeb-Barcamp auf die Beine stellen können, wenn sich mehrere Gruppen dazu zusammenschließen. Es würde mich freuen, wenn die Teilnehmer dieses Barcamps, also Nubo, krefeld.life, der LUKi e.V. und Hostsharing diese Möglichkeit im Hinterkopf behalten und im nächsten Jahr gemeinsam mit anderen Initiativen einen oder sogar zwei Projekträume beantragen. Hashtag #coopweb.