Syncthing (Pulse) und BitTorrent Sync im Vergleich

Mit Pulse (vormals Syncthing) und BitTorrent Sync gibt es zwei Programme, die über ein P2P-Protokoll Ordner auf entfernten Rechnern miteinander synchronisieren, ohne dass Daten dabei auf einem zentralen Rechner zwischengespeichert werden.

Die beiden Programme werden als sicherer Dropbox-Ersatz im Zeitalter der totalen Überwachung angeboten. Ein Vergleich zeigt, dass es wichtige Unterschiede zwischen den Programmen gibt.

Closed Source und Open Source

Der augenfälligste Unterschied zwischen den beiden Programmen ist die Lizenz. Während Pulse ein Open-Source-Programm ist und unter der GNU General Public License vertrieben wird, ist BitTorrent Sync proprietäre Software.

Wer also auf der Suche nach einem Programm mit offenem Quellcode ist, braucht ab hier nicht weiterzulesen. Syncthing ist cool!

Offene Software hat den unschätzbaren Vorteil, dass Sicherheitsexperten problemlos einen Blick auf den Code werfen können. Wenn wir den Quellcode nicht kennen, müssen wir dem Hersteller vertrauen, dass er für die NSA keine Hintertür eingebaut hat. Und amerikanischen Unternehmen kann man momentan nicht trauen, weil sie von dem Regime brutal zur Kooperation gezwungen werden können.

Syncthing vs. BitTorrent Sync: 1:0

Benutzerfreundlichkeit

P2P ist für die meisten Menschen ein böhmisches Dorf. Sie möchten mit wenigen Klicks einen Ordner auf ihrer Festplatte mit einem Bekannten teilen oder Daten zwischen ihren verschiedenen Rechnern abgleichen. Ich habe bereits beschrieben, wie einfach es BitTorrent Sync dem Benutzer macht, Daten zu teilen.

Pulse arbeitet wie BitTorrent Sync mit einer Weboberfläche, ist aber nicht ganz so benutzerfreundlich wie BitTorrent Sync. Während man in BitTorrent Sync mit seinem Partner lediglich einen Link tauschen muss, über den die Synchronisierung vollständig konfiguriert wird, muss man in Pulse in zwei Schritten vorgehen.

BitTorrent Sync

Das Teilen von Ordnern geschieht in vier einfachen Schritten:

  1. Alice wählt einen Ordner aus, den sie mit Bob teilen will.
  2. Alice versendet den Synchronisierungs-Link an Bob.
  3. Bob klickt auf den Link und die Verbindung wird hergestellt.
  4. Bob legt fest, mit welchem lokalen Ordner der Ordner von Alice verknüpft werden soll.

Im zweiten Schritt kann Alice festlegen, ob Bob nur Leserechte bekommt oder im geteilten Ordner lesen und schreiben darf. Außerdem kann Alice festlegen, ob sie noch einmal nach Schritt 4 gefragt werden möchte, ob Bob wirklich Zugang zu ihrem Ordner haben darf.

Pulse (Syncthing)

Mit Pulse ist das Teilen eines Ordners etwas umständlicher:

  1. Alice sendet ihre Geräte-ID an Bob.
  2. Bob sendet seine Geräte-ID an Alice.
  3. Beide tragen die Geräte-ID des anderen in Pulse ein. Dadurch kennen die Rechner einander und man kann anfangen einzelne Ordner zu teilen.
  4. Alice wählt einen Ordner aus, den sie teilen möchte. Dazu vergibt sie zunächst eine Ordner-ID. Das kann eine beliebige Zeichenfolge sein, zum Beispiel “Alice und Bobs Urlaubsfotos”. Anschließend wählt sie den Ordner aus, in dem sich die Fotos befinden.
  5. Alice teilt Bob die Ordner-ID “Alice und Bobs Urlaubsfotos” mit.
  6. Bob trägt die Ordner-ID in Pulse ein und wählt einen Ordner aus, in dem er die Fotos haben möchte. Der Ordner wird neu erzeugt, falls er nicht existiert.

Das Hauptmenü von Pulse (Syncthing). Rechts sind die Geräte aufgeführt, mit denen man Daten austauschen möchte, links die Ordner, die man teilt. Der Ordner »Dokumente« wird mit »Jans MacBook« geteilt. Pulse unterscheidet zwischen der Ordner-ID, die auf beiden Rechnern identisch sein muss, und dem Ordnerpfad, den man auf den einzelnen Rechnern beliebig wählen kann.
Das Hauptmenü von Pulse (Syncthing). Rechts sind die Geräte aufgeführt, mit denen man Daten austauschen möchte, links die Ordner, die man teilt. Der Ordner »Dokumente« wird mit »Jans MacBook« geteilt. Pulse unterscheidet zwischen der Ordner-ID, die auf beiden Rechnern identisch sein muss, und dem Ordnerpfad, den man auf den einzelnen Rechnern beliebig wählen kann.

Während BitTorrent Sync einen sehr modernen und einfachen wählt, um Geräte und Ordner miteinander zu verknüpfen, wählt Pulse einen eher statischen Weg. Man muss in Pulse erst die Geräte miteinander verknüpfen und legt dann die Ordner fest, die man miteinander teilen möchte. Dabei geht man wie Tunnelbohrer vor, die einen Tunnel von beiden Seiten aus gleichzeitig vorantreiben. Man einigt sich auf eine Ordner-ID und verknüpft diese mit einem beliebigen Ordner auf seinem jeweiligen Gerät. Das erfordert eine gewisse Abstimmung via E-Mail, Chat oder Telefon. Außerdem muss man Pulse zurzeit noch von der Kommandozeile aus starten.

Pulse vs. BitTorrent Sync: 1:1

Zuverlässigkeit

Ich habe keine ausführlichen Zuverlässigkeitstest durchgeführt. Allerdings habe ich sowohl mit BitTorrent Sync als auch mit Pulse den Eindruck, dass große Ordner mit vielen Dateien nicht immer unproblematisch sind. Ich synchronisiere die Arbeitsverzeichnisse von Desktop und Notebook und habe bei beiden Programmen erlebt, dass es manchmal hakt. Leider fehlt mir die Zeit, diese Probleme genauer unter die Lupe zu nehmen.

Update

Bei den oben beschriebenen Hakeleien konnten einzelne Dateien nicht synchronisiert werden. Es stellte sich heraus, dass die Zugriffsberechtigungen von Ordnern und Dateien hier eine Rolle spielten. Es scheint ungünstig zu sein, wenn Dateien und Ordner als Zugriffsberechtigung “Nur lesen” haben.

Torlose Verlängerung

Anwendungsvielfalt

Software kann sich nur dann durchsetzen, wenn sie mehr als einen Anwendungsfall unterstützt. BitTorrent Sync scheint mir hier deutlich flexibler als Pulse zu sein. Wenn man einen Ordner auf seiner Festplatte mit 1000 Leuten teilen möchte, muss man mit BitTorrent Sync bloß den Link dazu auf Twitter posten. Wenn 1000 Leute auf den Link geklickt haben, verfällt der Link automatisch. Benutzer, die BitTorrent Sync noch nicht installiert haben, werden zu einer Download-Seite weitergeleitet

Mit Pulse müsste ich 1000 Geräte-IDs händisch in das Programm eintragen und dann einen Ordner händisch mit diesen 1000 Geräten teilen. Das ist angesichts des Abstimmungsaufwandes schlicht und einfach nicht möglich. Pulse ist in der heutigen Konfiguration nur dafür geeignet, eine Handvoll Geräte miteinander zu verbinden. Und das ist jedenfalls mir zu wenig.

Eine interessante Anwendung von P2P-Protokollen ist nämlich das selektive Teilen von Daten mit einer großen Anzahl von Menschen. Ich denke hier an Künstler, die ihre Werke direkt vertreiben möchten. Sie können den Link zu ihren Werken breit streuen und den Zugriff nur denjenigen Nutzern erlauben, die vorher das gewünschte Entgelt überwiesen haben. Das geht in BitTorrent Sync recht bequem. Ein Publikum aus 1000 Personen zu managen, erscheint mir machbar. Interessanterweise ist dies auch genau das Geschäftsmodell der Firma BitTorrent Inc. Sie bietet über das BitTorrent Protokoll Musik und andere Mediendateien zum Download an, nimmt also den Künstlern das Management ab.

Angesichts der Marktmacht bestimmter Firmen, die zurzeit Bücher, Filme, Musik und Fotos vertreiben, ist dies ein Anwendungsfall, der die nötige Subversivität mitbringt, um vielleicht etwas zu bewegen.

Endergebnis: 1:2 für BitTorrent Sync